Eine sicherere Welt für Kinder: Sexuelle Ausbeutung von Minderjährigen stoppen

Über 20 Jahre bekämpfte unsere Partnerorganisation International Justice Mission (IJM) die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern in Mumbai, Indien. Zusammen mit lokalen Regierungen und Behörden wurden Fälle strafrechtlich verfolgt, Kinder in Sicherheit gebracht und Strukturen in Rechtssystemen gestärkt, um Kinder dauerhaft zu schützen. Die ChanceMaker Foundation war Teil dieses langen Weges, der jetzt erfolgreich endet: Die Anzahl der Verbrechen ist so stark zurückgegangen, während das Engagement der lokalen Akteure so stark gestiegen ist, dass IJM das Programm nun abschließt.

Mahila* war 13 Jahre alt, als ihre Mutter sie von zu Hause wegschickte und in Mumbais riesigem Rotlichtmilieu Kamathipura an ein Bordell verkaufte. In den nächsten drei Jahren wurde Mahila gezwungen, mit 100 bis 150 Männern pro Monat zu schlafen. Jeder Kunde zahlte für ihre Vergewaltigung 60 Rupien (weniger als 1 Euro), von denen Mahila die Hälfte an ihre Mutter schicken musste. Der Bordellbetreiber verbot Mahila, das Gebäude zu verlassen. Gefangen in der Dunkelheit vergaß Mahila jedes Zeitgefühl und fürchtete, auf ewig dort leben zu müssen.

Ehemalige Betroffene kämpft als Anwältin für Kinderrechte

Mahila wusste nicht, dass IJM zu dieser Zeit in Kamathipura nach Kindern wie ihr suchte. Im März 2005 fanden Ermittelnde von IJM Mahila und befreiten sie zusammen mit der Polizei. Eine Sozialarbeiterin von IJM begleitete Mahila in den nächsten Jahren, während das Mädchen in verschiedenen Nachsorgeeinrichtungen lebte. Denn nach Hause konnte und wollte sie nicht zurück. Eine Traumatherapie half ihr, mit dem Erlebten umzugehen und langsam eine Perspektive für ihre Zukunft zu finden.

So lange hatte sie aufgehört zu fühlen, zu denken und zu träumen. Dann machte sie mit viel Ehrgeiz die Schule weiter und fing 2014 ihr Jurastudium an. Nebenbei stellte sie Schmuck her, um sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. 2021 schloss Mahila das Studium ab und erfuhr im Februar 2022, dass sie ihre Anwaltsprüfung bestanden hatte. Sie möchte für andere betroffene Kinder und Frauen eine Anwältin sein, der sie aufgrund ihrer eigenen Erfahrung vertrauen können.

Mahilas Geschichte findet parallel zu einer strukturellen Veränderung in Mumbai statt, die nicht nur einzelnen Kindern wie Mahila Recht und Schutz gewährt, sondern eine ganze Region sicherer macht. In den Jahren von 2000 bis 2022 arbeitete IJM mit der Polizei an hunderten Einzelfällen und stieß Reformen bei den Behörden an, die Kriminelle konsequent strafrechtlich verfolgen und abschrecken.

Erfolge im Überblick

– 1.072 Betroffene aus sexueller Ausbeutung befreit

– 1.070 Täterinnen und Täter verhaftet, angeklagt und/ oder verurteilt

– Über 60.000 Beamtinnen und Beamte bei der Polizei und in der Justiz, Mitarbeitende von Sozialdienstleistern, aus Kirchen und weitere zivilgesellschaftliche Akteure wurden darin geschult, Fälle zu erkennen, zu verfolgen oder Betrof­fene zu unterstützen

– Zusammenarbeit mit Behörden in Arbeitsgruppen auf bundesstaatlicher Ebene und Unterstützung bei der Ausarbeitung und Umsetzung staatlicher Aktionspläne

– Etablierung von adäquaten Standards in der Begleitung von Betroffenen in staatlichen Einrichtungen

Deutlich weniger Minderjährige in Rotlichtmilieus

Zwei groß angelegte Studien bestätigen, dass die Anzahl der betroffenen Kinder und Jugendlichen von sexueller Ausbeutung in der Region signifikant gesunken ist. Zwischen 2015 und 2016 führte IJM in Mumbai eine Studie durch, die die Anzahl der Kinder im kommerziellen Rotlichtmilieu sowie in privaten Räumen untersuchte. Die Ergebnisse zeigten 2017, dass der Anteil der Kinder im Rotlichtmilieu in Mumbai bei 5,5 Prozent lag und damit rückläufig war. Der Anteil ausgebeuteter Kinder in Privathäusern lag jedoch bei knapp 12 Prozent. Daraufhin wurde ein weiterer Fokus in der Arbeit von IJM mit der Polizei gesetzt, speziell Fälle in Privathäusern zu ermitteln und so zu verhindern, dass sich das Verbrechen in andere Bereiche verlagert. Eine weitere Evaluationsstudie belegt nun, dass sowohl im öffentlichen Sexgewerbe als auch in Privathäusern die Anzahl von Kindern, die ausgebeutet werden, weiter rückläufig ist.

„Wenn ich zurückdenke an früher, hat sich mein Leben in jeder Hinsicht verändert,“ sagt Mahila heute. „Wenn ich das damals im Bordell gewusst hätte, hätte ich der kleinen Mahila gesagt: Verliere nicht die Hoffnung und denke niemals, dass das Leben nicht wieder gut werden kann. Bleib mutig und zuversichtlich.“

Durch das Engagement der ChanceMaker Foundation wird es jungen Menschen wie Mahila ermöglicht, ein Leben in Freiheit zu führen und ihr Potenzial zu entfalten. Von einem Opfer eines unfassbaren Verbrechens wurde Mahila zum „Changemaker“ für eine gerechtere Welt. Die langfristige Unterstützung der ChanceMaker Foundation für die Arbeit von IJM in Mumbai hat dazu geführt, nachhaltige Strukturen zu schaffen, die die Welt für Kinder sicherer machen und zeigt, wie wichtig und wirkungsvoll es ist, Projekte über viele Jahre zu begleiten und zu fördern, damit ein nachhaltiger und systemischer Wandel entsteht.

*Aus Schutzgründen verwenden wir ein Pseudonym.

Derzeit unterstützt die ChanceMaker Foundation IJM im Kampf gegen Menschenhandel in Osteuropa sowie in der Befreiung von Kindern aus Arbeitssklaverei in Ghana. Um diese wichtigen Projekte langfristig zu fördern, sind wir auf externe Spenden angewiesen.

Spenden