Die Chance auf ein erfülltes Leben: Omars Geschichte
Seit drei Jahren unterstützt die ChanceMaker Foundation das Star Mountain Rehabilitation Center (SMRC) in Palästina. Inmitten der schwierigen Bedingungen aufgrund der israelischen Besatzung engagiert sich das Team um Direktorin Ranya Karam für die Rechte und Bedürfnisse junger Menschen mit Behinderungen. Dass sich dieser unermüdliche Einsatz lohnt, zeigt uns Ranya Karam anhand Omars Geschichte.
Omar lebt im Dorf Ajoul, nördlich von Ramallah, zusammen mit seinen Eltern und seinen drei Schwestern. Vor knapp zehn Jahren wurde er von seiner Mutter ins Star Mountain Rehabilitation Center gebracht. Sie erklärte damals, dass Omar unter einer schweren geistigen Behinderung leide und weder sprechen noch eine einfache Unterhaltung führen könne. Er besaß keinerlei Fähigkeiten für den Alltag und war nicht in der Lage, sich um seine grundlegendsten Bedürfnisse zu kümmern. Zu dieser Zeit wurde bei ihm eine Schilddrüsenfehlfunktion diagnostiziert, wogegen er Medikamente einnehmen musste, ebenso wie für sein Nervensystem.
Die Fachleute des SMRC untersuchten Omar und erarbeiteten einen individuellen Plan für ihn. Zur Überraschung aller stellte sich heraus, dass Omars Diagnose nicht korrekt war. Dies wurde erst nach einigen Monaten der Arbeit mit Omar deutlich.
Der Junge wurde daraufhin von eine Sprachtherapeutin des SMRC an das Gesundheitsministerium überwiesen, um eine einfache Zungenoperation durchführen zu lassen, die ihm das Sprechen ermöglichte. Das Team erstellte dann einen intensiven Plan, um Omars Fähigkeiten im Alltag und seine schulische Bildung zu verbessern.
Unsere soziale Betreuerin erkannte, dass Omar auch sexuelle Belästigung erfahren hatte, da er viel Zeit draußen auf den Straßen verbrachte. Das Team arbeitete eng mit ihm zusammen, um ihm beizubringen, wie er sich schützen und sein Selbstvertrauen stärken kann. Nach einigen Jahren wurde der Junge schließlich Mitglied des Child Protection Network, einer Organisation, die sich für die Rechte von Kindern mit Behinderungen einsetzt. Zusätzlich wurde er auch Teil des SMRC-Teams für Akrobatik und traditionellen Tanz.
Als Omar 14 Jahre alt wurde, wechselte er von unserem Schulprogramm zu unserem Berufsbildungsprogramm. Dort erhielt er eine Ausbildung in Bereichen wie Hauswirtschaft, Landwirtschaft, Kochen, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel und Einkaufen für den täglichen Bedarf.
Omar zeigte während seiner gesamten Zeit bei uns herausragende Leistungen. Drei Monate vor seinem 18. Geburtstag vermittelte ihm das SMRC eine Ausbildungsmöglichkeit in einer Fabrik für Hygieneartikel. Seit Anfang 2023 ist Omar nun offiziell in dieser Fabrik beschäftigt und hat seinen Traum verwirklicht, einen Arbeitsplatz zu finden und seine Familie zu unterstützen.
Ein paar Monate bevor das SMRC ihm eine Ausbildungsmöglichkeit verschaffte, traf ich Omar auf dem Weg zu unserem Berufsbildungszentrum. Er begrüßte mich wie immer mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht und sagte: „Guten Morgen, Frau Direktor.“ Ich hatte ein paar Pflaumen dabei und bot ihm welche an. Omar antwortete: „Ich mag eigentlich keine Pflaumen, aber für Sie nehme ich eine.“ Es war unglaublich, zu sehen, wie Omar sich verändert hatte. Vor fast 10 Jahren war er nicht in der Lage, einfache Sätze zu bilden oder auszusprechen, geschweige denn ein nettes und rücksichtsvolles Gespräch mit einem breiten Lächeln zu führen.
Das SMRC bietet Platz für etwa 90 Kinder und junge Menschen im Alter von drei Monaten bis 40 Jahren. Sie werden auf den integrativen Kindergarten, die Schule und das Berufsbildungsprogramm aufgeteilt. Dort erhalten sie eine intensive Rehabilitation und Ausbildung, einschließlich Sprachtherapie, Physiotherapie, Beschäftigungstherapie, sozialer Betreuung und Grundausbildung. All dies wird zu einem sehr geringen Betrag angeboten, da die jungen Menschen überwiegend aus ärmlichen Familien kommen, die sich keine Pflege und Therapien leisten können.
Für viele ist das SMRC damit die einzige Möglichkeit, ihr Zuhause zu verlassen, mit der Außenwelt in Kontakt zu treten und sich als Teil der Gemeinschaft zu fühlen. Im Westjordanland gibt es etwa 5.000 Kinder mit geistiger Behinderung, die aufgrund ihrer schwierigen finanziellen Lage und/oder des Fehlens von Rehabilitationszentren in ihrer Nähe keinen Zugang zu ähnlichen Diensten haben. Eine ähnliche Situation besteht im Gaza-Streifen.
Die Grundfinanzierung des SMRC deckt nur 25 % der Kosten ab und wird von der Herrnhuter Missionshilfe bereitgestellt. Die hohen Lebenshaltungskosten in den palästinensischen Gebieten erschweren die finanzielle Situation zusätzlich, weshalb das SMRC ständig nach anderen Finanzierungsmöglichkeiten sucht. Seit drei Jahren erhält das SMRC Unterstützung von der ChanceMaker Foundation. Ohne diese Unterstützung wäre es nicht möglich gewesen, unser Schulprogramm fortzusetzen.
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